Die Rolle der Interozeption in Emotionen und Selbstwahrnehmung
Interozeption ist eng mit unseren Emotionen verbunden. Ein erhöhter Herzschlag kann je nach Kontext als Angst oder Aufregung interpretiert werden – der Unterschied liegt in der „Geschichte“, die unser Gehirn um das körperliche Signal spinnt. Die Fähigkeit, diese Signale zu erkennen und richtig zu deuten, ist entscheidend für eine gesunde emotionale Regulation. Neurowissenschaftler*innen, wie Sarah Garfinkel, fanden heraus, dass die Fähigkeit, den eigenen Herzschlag wahrzunehmen, sogar die emotionale Erfahrung und das Erkennen von Gefühlen beeinflussen kann. Die Insula, ein wichtiger Bereich im Gehirn, verarbeitet diese internen Signale und verbindet sie mit unseren Emotionen und der Selbstwahrnehmung. Fehlfunktionen in der Interozeption können zu psychischen Störungen wie Depressionen, Angstzuständen und Essstörungen beitragen, da Betroffene Schwierigkeiten haben, ihre Körpersignale richtig zu deuten und zu regulieren.
Interozeption und körperliche Reaktionen
Interozeption wirkt auch auf einer körperlichen Ebene. Beispielsweise spielt die Atmung eine zentrale Rolle in der Körperwahrnehmung und kann bei regelmäßiger Kontrolle zu einem erhöhten Bewusstsein und einer besseren Kontrolle von Stress und Angst führen. Forschungen zeigen, dass Menschen, die Achtsamkeitsübungen wie bewusste Atmung praktizieren, ihre Interozeptionsfähigkeiten verbessern und dadurch besser auf körperliche und emotionale Herausforderungen reagieren können. Darüber hinaus wird die Verdauung durch das Zusammenspiel von Gehirn und Darm beeinflusst. Der Zustand des Darms hat Auswirkungen auf die Körperwahrnehmung und damit auf das Körperbild, das Wohlbefinden und möglicherweise sogar auf die Neigung zu Essstörungen.
Praktische Anwendungen: Achtsamkeit und Therapie
Interozeption kann durch gezielte Übungen und Therapieformen verbessert werden. Mindfulness- und Achtsamkeitspraktiken, wie die bewusste Wahrnehmung des Atems oder des Herzschlags, helfen Menschen, ihre Interozeptionsfähigkeiten zu stärken. Dies kann nicht nur das emotionale Gleichgewicht fördern, sondern auch zur Bewältigung von Stress, Angst und körperlichen Beschwerden beitragen. Studien haben gezeigt, dass durch Achtsamkeitsübungen das Bewusstsein für Körpersignale erhöht wird und somit die Verbindung zwischen Körper und Geist gestärkt wird.
Beate Hilla